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Das multimediale Lernprogramm fur erwachsene Analphabeten
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zwischen den Kursleitern von Alphabetisierungsgruppen sowie anderen Interessierten
ausgetauschen.

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----- Beitrag von U. Langhans: -----

GIESE spezifizierte 1983 Analphabeten in fünf Gruppen:

1. Gruppe:
Völlige Analphabeten, die allenfalls ihren Namen schreiben können.

2. Gruppe:
Analphabeten, die über rudimentäre Lesefähigkeiten verfügen, aber nicht schreiben können. Sie kennen eine Reihe von Buchstaben, sie wissen, daß die Buchstaben Lautwerte repräsentieren und können Einzelwörter lesen.

3. Gruppe:
In dieser Gruppe ist das Prinzip der Laut - Schrift - Zuordnung verstanden worden, kann aber nur für eine stockende Lesetechnik herangezogen werden; einige Wörter können aus dem Gedächtnis geschrieben werden.

4. Gruppe:
Lese - Schreib - Fähige mit gravierenden Schwierigkeiten. Die dieser Gruppe zuzuordnenden Analphabeten, können mit geringen Schwierigkeiten lesen, aber kaum schreiben. Wichtige Phänomene der deutschen Schrift - Laut - Zuordnung (Dehnung, Schärfung, Auslautverhärtung usw.) werden nicht beherrscht. Es bestehen große Schwierigkeiten in der kognitiven Konstruktion von niederzuschreibenden Texten.

5. Gruppe:
Lese- und Schreibfähige mit spezifischen Schwierigkeiten in der Orthographie, der Interpunktion und der Textkonstruktion.



"Als Grundlage des Schriftspracherwerbs für erwachsene Lerner wird die Fähigkeit gesehen, Schreibanlässen und Schreibsituationen gerecht zu werden (Schriftsprachkompetenz) sowie über die dafür notwendigen Rechtschreib-kenntnisse zu verfügen (Rechtschreibkompetenz)." [U.Tymister,1992, S4]
Der Begriff Schriftsprachkompetenz umschreibt dabei die Beherrschung und den Einsatz von Fähigkeiten unterschiedlicher Qualität, die es erlauben, Schreibsituationen gerecht zu werden. Dazu gehört zu einem großen Teil die Fähigkeit, Texte zu produzieren, aber auch zu rezipieren. Das Beherrschen von Situationen anderer Art - wie das Ausfüllen von Formularen oder das Schreiben von Adressen - gehört ebenfalls zur Schriftsprachkompetenz. Welche Grundlagen der Rechtschreibung beherrscht werden müssen, um Schreibsituationen bewältigen zu können, sind Aspekte der Rechtschreib-kompetenz. Dazu gehört, daß der Schreiber Rechtschreibregeln kennt, abruft und anwenden kann.

Generell lassen sich für die deutsche Schriftsprache folgende Prinzipien herausstellen :

Þ das phonematische Prinzip

Þ das morphematische Prinzip

Þ das grammatische Prinzip und das syntaktische Prinzip

Þ historische und graphische - formale Einflüsse

Das phonematische Prinzip bezieht sich auf die Wiedergabe der gesprochenen Sprache durch Schrift während das morphematische Prinzip sich auf den Wortstamm stützt. Dabei werden Gemeinsamkeiten innerhalb einer Wortfamilie auch dann kategorisiert, wenn die jeweiligen Wörter unterschiedlich ausgesprochen werden. Rechtschreibaspekte, die sich aus der Syntax ergeben (z.B. Groß- und Kleinschreibung) erfaßt das grammatische Prinzip. Historische und graphisch - formale Einflüsse sind für die Beibehaltung von Schreibungen verantwortlich zu machen, die schon seit langer Zeit gebräuchlich sind. Es stellt sich die Frage, inwiefern die Überlegungen bei der Analyse des Lerngegenstandes Schriftspracherwerb bisher in die Lehrmethoden eingeflossen sind. Die Lehrverfahren, die zum primären Schriftspracherwerb entwickelt wurden (synthetische Methoden und analytische Methoden) [s. a. BETHLEHEM, S.24], berücksichtigen vorwiegend das Erkennen und den Umgang von Segmentationseinheiten sowie die Umsetzung grapho-motorischer Prozesse. Dabei geht es um das Erkennen von Einheiten innerhalb eines Wortes wie Buchstaben, Buchstabengruppen, Silben und Morpheme. Doch diese Methoden des primären Schriftspracherwerbs sind für die hier vorliegende Arbeit zu vernachlässigen, da sie sich von den Methoden zur Alphabetisierung von Erwachsenen (sekundärer Schriftspracherwerb) unterscheiden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß Erwachsene auf einem anderen intellektuellen Entwicklungsstand beim Schriftspracherwerb stehen als Kinder.


Methoden zum Schriftspracherwerb für Erwachsene

Bei der Überlegung, wie man betroffene Erwachsene entsprechend unterrichten könnte, wollten Kursleiter ungern auf tradierte Methoden zurückgreifen, da diese bisher nicht zum Erfolg geführt hatten. Auch fremde Begriffe und syntaktische Strukturen behindern das Erstlesen.
Gleichzeitig sollte ein Abbau einer ängstlichen Hochachtung gegenüber dem Gedruckten erfolgen (z.B. durch den später erklärten Sprach-erfahrungsansatz), der durch das Fibel - Lesen erworben wurde. Der Unterricht muß also nicht nur da beginnen, wo die Stärken und nicht die Schwächen der Lernenden liegen, sondern muß auch die Lernumgebung als wichtiges Kriterium berücksichtigen.

Neben den Lernängsten und der Lernatmosphäre ergibt sich das Problem, daß Erwachsene andere Interessen haben, als die in Schulfibeln dargestellte. Dabei ergeben sich mehrere häufig angewendete Verfahren:

Morphem - Methode
Die in den 70er Jahren entwickelte Morphem - Methode von PILZ/SCHUBENZ wurde für Legastheniker konzipiert. Die Sprache zerfällt bei der Morphem - Methode dabei in:

Þ die eigentlichen sinntragenden Hauptmorpheme (Substantiv-, Verb-, Adjektiv-, und Adverbstämme wie les, schreib, lern, fried, wohn usw.)

Þ Anfangsmorpheme oder Präfixe mit bedeutungsdifferenzierender Aufgabe (ver, ent, zer, auf, zu, un usw.)

Þ Endmorpheme oder Suffixe mit wortartbildender Funktion (ung, heit, keit, ig, schaft, lich, en, er usw.)

Þ Satzfunktionswörter, d.h. Morpheme, die mit der Wortgrenze zusammenfallen, bestimmte Funktionen auf der Satzebene wahrnehmen und nicht mit anderen Morphemen kombinierbar sind (Pronomen, Artikel, Präpositionen, Konjunktionen usw.)

Þ Zwischen- bzw. Füllmorpheme (Arbeit/s/amt)

Nach SCHUBENZ besteht dabei die Sprache aus mehr als 3000 Morphemen. "Die 35 häufigsten Morpheme der deutschen Sprache repräsentieren durchschnittlich 50% aller Texte" [SCHUBENZ, S.241]. Dabei läßt sich die deutsche Sprache mit ihren weit mehr als 500.000 Wörtern in 3000 bis 4000 Morpheme zerlegen, von denen wiederum die 100 häufigsten 70%, die 200 häufigsten bereits 85% aller laufenden Texte abdecken.


Silbentrennungsmethode
In der Silbentrennungsmethode wird im Gegensatz zur Morphem - Methode nach Brechbarkeitseinheiten gelernt.

Zimmertür = Zim - mer - tür

Kinderzimmer = Kin - der - zim - mer

Der natürliche Sprechrhythmus steht dabei über der Sinnentnahme eines Wortes. Dabei kann bei der Silbentrennungsmethode für einen längeren Lernzeitraum die Sinnentnahme des Wortes verzögert werden. Teilweise kann die Silbentrennung sogar die Bedeutung eines Wortes verändern.

schrei - ben Irreführung: schrei wie schreien.

"Das Morphem hingegen (schreib - en) ist eine akustische und optisch konstante Bedeutungseinheit, die - einmal angeeignet - in allen Wort-kombinationen, in denen sie noch vorkommt, wiedererkannt werden kann. (...) Unübersichtlich lange Wörter sind dabei nichts anderes als längere Morphemkombinationen (Ab/rüst/ung/s/-ver/-hand-/-l/-ung/en)" [WAGNER, S. 129].

Bedacht werden sollte außerdem, daß erwachsene Analphabeten schon (erfolglos) nach der Silbentrennungsmethode gelernt haben, und diese Erinnerung demotivierend wirken könnte.


Spracherfahrungsansatz
Beim Spracherfahrungsansatz übernimmt der Kursleiter die Rolle eines "Schreibers", um die Texte möglichst in die Sprachform der Sprechenden niederzulegen. Dabei umfassen Texte am Anfang nicht mehr als drei bis fünf Sätze. Sie werden in Sinnschritten (Phrasen) und in großer Druckschrift (zwei bis drei Zentimeter) ausgeschrieben. Dabei können drei Verfahren berücksichtigt werden [ALPERS, S.130ff]:

1. Verfahren:
Ein Kursteilnehmer oder eine Gruppe sprechen oder diskutieren über ein bestimmtes Thema. Der Kursleiter notiert Stichwörter, moderiert das Gespräch. Am Schluß rekapitulieren Kursleiter und Lernende gemeinsam das Gespräch anhand der Stichwörter und die Kursteilnehmer diktieren dem Kursleiter das Wichtigste aus der vorangegangenen Diskussion.

2. Verfahren:
Hier können Kursteilnehmer direkt diktieren. Viele sind dazu nicht in der Lage, da Diktieren ein bewußtes Verhältnis zur Schriftsprache voraussetzt. In diesem Fall versucht der Kursleiter, während des Gesprächs möglichst authentisch mitzuschreiben und besonders wichtige Aussagen oder Redeweisen im Wort-laut schriftlich zu fixieren.

3. Verfahren:
Es wird ein Aufnahmemedium zum Mitschnitt des Gespräches genutzt. Die Aufnahme wird später genutzt, um mit den Teilnehmern gemeinsam den Mitschnitt in Form eines Textes zu gestalten.


Alphabet-Methode
Die Alphabet - Methode stellt die traditionellste Art des Schriftspracherwerbs dar. Hier wird zuerst das Alphabet gelernt und gleichzeitig die Verbindung zwischen Buchstaben und Wörtern hergestellt. Da diese Methode bei funktionalen Analphabeten schon vergeblich ver-wendet wurde, sollte diese Methode nicht (ausschließlich) verwendet werden, da sie aus motivativen Gründen negativ auf die Kursteilnehmer ("Das habe ich früher schon nicht gekonnt") wirken kann.

Didaktische Landkarte
In der Didaktischen Landkarte beschreibt BRÜGELMANN [S. 59ff] Lernzielfelder für Aktivitäten, die in jedem Fall im Anfangsunterricht angeboten werden sollten. Weder die Anordnung der Lernfelder noch die Ziffernfolge der Aktivitäten sollen laut BRÜGELMANN als zeitlicher Aufbau verstanden werden. Die Didaktische Landkarte ist eine "Sammlung" aller bekannten Methoden zum Schriftspracherwerb.